Tinnitus und das Leiden am Tinnitus

Eine   "v e r l i n k e n d e"   Übersicht   von   Dr. med.  Helmut  Schaaf    

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Tinnitus (Ohrgeräusche)

Der Fachbegriff Tinnitus bezeichnet alle Hör-Wahrnehmungen, die nicht durch Laute von Aussen bedingt sind. In den letzten Jahren ist das Leiden am Tinnitus zu einer regelrechten Volkskrankheit geworden.   So leiden circa 10 % inzwischen an einem dauerhaften, chronischen Tinnitus.   0,5% - 1% der Bundesbürger erkranken so ernsthaft, dass sie wegen der Folgestörungen, wie Schlaflosigkeit oder depressiver Entwicklungen bis zur Gefährdung der Arbeitsfähigkeit, einer psychosomatischen oder psychiatrischen Behandlung bedürfen.
Der vornehmlichste Grund für die Zunahme der Tinnitus Erkrankungen dürfte die rasante industrielle und technische Entwicklung der letzten 50 Jahre sein. Diese hat eine derartige Mehrbelastung für den menschlichen Organismus gebracht, so dass gerade empfindliche Systeme massiv gestört werden können.
Aber es gehen auch viele seelische Erkrankungen mit den oft für den Einzelnen kaum noch verkraftbaren Veränderungen und Brüchen in dieser schnellebigen Welt einher. Dies scheint auch einen möglicherweise schon vorher vorhandenen, aber bis dahin nicht als quälend empfundenen Tinnitus deutlicher in die Wahrnehmung rücken zu können.
Dabei kann dann der Tinnitus in den Vordergrund des Beschwerdebildes treten und macht in diesem Zusammenhang oft erst auf die seelische Not aufmerksam.

Die Behandlung des akuten Tinnitus

Die Behandlung des akuten Tinnitus ist organisch zuerst im Bereich der HNO - Heilkunde zu suchen!
auch wenn vieles dafür spricht, schon in diesem Stadium psychosomatisch zumindest mit-zuschauen!
Dazu gehören beim akutem Tinnitus mit neu aufgetretenen Hörschädigungen etwa
-   nach einem Lärm- oder Tauchschäden
-   oder einem Hörsturz
auch Infusionsbehandlungen.   Dabei lassen meist gute Erfolge erzielen.

Bei wiederholten Hörschwankungen infolge einer Regulationsstörungen der Endolymphe
oder eines Morbus Meniere  
sowie bei Tinnitus ohne Hörveränderungen
etwa bei schon vorbestehender Schwerhörigkeit können Infusionen organisch    nicht    helfen.

Wenn der Tinnitus nicht innerhalb von sechs Wochen bis drei Monaten zurückgeht, zeigt sich leider oft, dass jedes weitere Bemühen,
den Tinnitus doch noch "auszulöschen", oft noch das Krankheitsausmass steigert. Ein wesentlicher Grund dürfte darin liegen, dass für eine Erkrankung innerhalb der Wahrnehmung andere, teilweise gegensätzlich erscheinende Regeln gelten als für körperlich reparable Störungen.

Die Behandlung des chronischen Tinnitus - ist anders!!!!

Grundlage ist die Aufklärung darüber, das ein Tinnitus als "Höreindruck" unterschieden werden muss von einem daran möglicherweise gekoppelten "Leiden am Tinnitus".   Werden Menschen in einer schalldichten Kammer absoluter Stille ausgesetzt, so entsteht innerhalb kurzer Zeit ein akustischer Eindruck. Das liegt daran, dass das Innenohr wegen seiner ständig aktiven Sinneszellen seit der Geburt ein sehr lauter Ort ist. In etwa vergleichbar ist dies mit einer Ton-Anlage, die beim Strom einschalten ein durchaus hörbares, meist leises Grundrauschen hat.
So ist auch bei hörgesunden Menschen ein nur für den Betroffenen wahrnehmbares Ohrgeräusch im Prinzip immer schon vorhanden.   Es wird meist nur nicht als solches wahrgenommen und - was wichtiger ist - nicht dauerhaft beachtet.
Wenn sich in der Hörwahrnehmung - entweder durch eine Hörverschlechterung oder durch eine überforderung - etwas ändert, kann diese änderung des Grundmusters als Tinnitus empfunden werden.   Bei kleinen organischen änderungen, wie leichten oder langsam hinzugekommenen Hörverlusten, ermöglichen es meisten zahlreiche Hör-Filter , änderungen dieses Grundmusters wegzufiltern und nicht als veränderten Höreindruck = Tinnitus ins Bewusstsein gelangen zu lassen.

Hörfilter sind Funktionssysteme, die gewohnte oder nicht notwendige Töne unterdrücken und ablenken, bevor sie in die Wahrnehmung kommen können.
Ein Beispiel dafür ist, dass eine Uhr, die 24 Stunden tickt, in der Regel nicht tickend wahrgenommen wird, obwohl sie laut genug ist, um gehört zu werden.

Bei chronischen Tinnitus-Eindrücken liegen meist Schädigungen im Innenohr (Lärmschäden, Hörsturz), Schwankungen in der Flüssigkeit des Innenohres oder übererregbarkeiten oder Fehlsteuerungen bei den Nervenaktiviäten im Innenohr vor. Aber auch bei bestem Hörvermögen kann zu einer Senkung der Wahrnehmungsschwelle für das ganz normale Grundrauschen kommen. Dies ist z.B. möglich, wenn die inneren "Hörfilter" geschwächt oder aufgebraucht sind, wenn wir nach Arbeitsüberlastung "ent"-nervt sind oder zu viel Stress "um die Ohren hatten.

Unabhängig von der Art der Tinnitusentstehung ist dann für das Leiden am Tinnitus entscheidend, wie sehr sich die Betroffenen vom den neuen, meist als unangenehm empfundenen Ohrgeräusch gestört fühlen.

Wie kommt es zum Leiden am Tinnitus? -    Das   A   B   C   der Hörwahrnehmung

Es war eine Notwendigkeit im Laufe der Entwicklungsgeschichte des Menschen, sich neu auftretenden Geräuschen sofort und in höchster Alarmbereitschaft zuzuwenden. Für Menschen, die vor noch gar nicht allzu langer Zeit in einer Welt voller Gefahren um ein Lagerfeuer sassen, war es überlebenswichtig, beim Knacken eines Astes sofort hinzuhören.
Je der Ursache des Geräusches waren dann die drei wichtigsten Reaktionen:
-   Anzugreifen,
-   Fliehen,
-   sich tot stellen (wenn alles nicht mehr möglich war)  .


Nur wenn etwas Bekanntes oder Vertrautes identifiziert werden konnte, durfte sofort Entspannung einkehren.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass - aus biologischen Gründen - in der Hör-Wahrnehmung folgendes wichtig sind:

-   Erkenne ich die Geräuschquelle:                          ja oder nein
-   Bewerte ich - meist unbewusst - die Geräusche : positiv oder negativ
-   Dann folgt die - meist unwillkürliche -                  Reaktion.

Dies gilt auch für den Tinnitus.

Deswegen erfordert dieser in der Regel unbekannte und meist negativ bewertete neue Hör - Eindruck so viel Aufmerksamkeit.   Dabei stellen sich Reaktionen ein, in dem sich viele Anteile des Musters:     Angriff   oder     Flucht     oder   Totstellen wiederfinden lassen.

Daher ist die Information über die Zusammenhänge zwischen Hören und Tinnitus und das sich vertraut machen mit den Ursachen und Auswirkungen des Tinnitus eine wichtige Grundlage, um den aufreibenden und meist negativ bewerteten Kreislauf zwischen Tinnitus und Aufmerksamkeit beenden zu können.
Zur Aufklärung dienen nach sorgfältiger Diagnostik ein - möglicherweise wiederholtes - Gespräch mit einem kundigen Experten , der Hörbefunde und den dazu gehörigen Menschen zusammenbringen kann, um mit ihm eine Perspektive zu erarbeiten.

Was kann der Tinnitus und was nicht?

Therapeutisch gilt es zu klären, was der Tinnitus alles kann und was er nicht kann! So ist Tinnitus ist immer   ein   Symptom (ein Zeichen oder ein Ausdruck)   von etwas anderem.
Dieses kann z.B. eine Hörstörung oder eine änderung in hörverarbeitenden Mustern sein, etwa auch aufgrund fehlender oder gestörter "Filter-Prozesse".
Deswegen kann
1) der Tinnitus von alleine, oder mit der Zeit nicht lauter werden,     eher wird er mit der Zeit immer weniger laut wahrgenommen!

2) der Tinnitus nie der Grund für eine, ggf. weitere Hörverschlechterung sein.     Der Tinnitus kann auch keine "Lärm"-Schäden" im Ohr verursachen.

3) der Tinnitus alleine auch nicht verrückt machen.

4) der Tinnitus von aussen nie lauter als 10 - 15 dB (entspricht Blätterrascheln oder Computergeräusch)     über der Hörschwelle gemessen werden.

Dies könnte sich zunächst unglaublich anhören - ist jedoch jederzeit mit fachlicher Hilfe überprüfbar. Dies ist deswegen so wichtig, damit der subjektive Eindruck, der für jeden einzelnen natürlich jederzeit 100%ig stimmt, verglichen werden kann, mit dem, was von aussen wahrnehmbar und noch möglich - und nicht zuletzt - änderbar ist.

Ein weiterer wichtiger Teil eines therapeutischen Vorgehens ist es, daran zu arbeiten, wahrzunehmen, was trotz des Tinnitus noch machbar ist und sich nicht allein auf das zu konzentrieren, was mit dem Tinnitus nun alles nicht mehr gehen kann und könnte. Einige konkrete Hilfen sollen in ihrem therapeutischen Ansatz kurz dargestellt werden:

Musik und Klangtherapie

Ein wichtiger Ansatz, um die akustische Realität zu erweitern, kann das Hören von angenehmer Musik sein. Dabei sind aus unserer Erfahrung oft klassische Musik-Stücke, etwa von Mozart und Bach gut geeignet, sie müssen aber auf jeden Fall den Geschmack des Betroffenen treffen.
Eine Musiktherapie mit für den Betroffenen unangenehm empfundenen Stücken kann nicht zum Erfolg führen.
Wichtig dabei ist, sich mindestens 3 x täglich für eine Zeit von 10 - 20 Minuten konzentriert hinzusetzen, und am besten die Musik über Kopfhörer zu geniessen. Nicht sinnvoll ist es, die Musik einfach nur im Nebenraum laufen zu lassen.
Ist dies - oft innerhalb von einigen Tagen - möglich, geht die Erweiterung der Therapie dahin, dass nun bestimmte Instrumente aus der Musik herausgehört werden sollen, wie z. B. Klavier, Streicher, etc..
Dies dient einerseits dazu, dass das akustische System in seiner ganzen Vielfalt genutzt werden kann, zum anderen werden ganz real auch Nerven-Verschaltungen so umzugestalten, dass aktive Filter weiter aufgebaut werden und das Tinnitus-Erleben in den Hintergrund treten darf.

Entspannungsverfahren

Eine wichtige Hilfe bei jedem Leiden am Tinnitus sind Entspannungsverfahren. Die bekanntesten sind das Autogene Training und die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Entspannungsverfahren können Dampf aus dem Energie benötigenden Teufelskreislauf zwischen Tinnitus und Tinnitus-Leiden nehmen.
Entspannungsverfahren ermöglichen aber auch die Rückgewinnung von Kraft und Konzentrationsfähigkeit. Darüber hinaus stellen sie auch schon einen möglichen Einstieg in das Erleben und Kennenlernen emotionaler.
Nun darf man nicht unerwähnt lassen, dass das Autogene Training bei Tinnitus Betroffenen als schwer erlernbar gilt. Ausgerechnet in Ruhe wird der Tinnitus meist lauter vernehmbar und die Patienten scheinen noch mehr ihrem Tinnituseindruck ausgeliefert zu sein. Dennoch haben wir bei guter Motivation auch sehr gute Erfahrungen gemacht.
Als Hilfsmittel fügen am besten den Satz ein:

"Alle Geräusche verstärken meine Ruhe"

Die Progressive Muskelrelaxation kann insbesondere bei denen, die über den Tinnitus hinaus unter einem Druck im Ohr leiden, oft Druckentlastung erbringen.   Dann sollte das Anspannen und Loslassen - gedanklich - bis in die Ohren hinein weitergeführt werden.
Zur Progressiven Muskelrelaxation gibt es viele gute Anleitungen aus Büchern oder auch auf CD oder Kassette, die in der Regel im Buchhandel bestellbar sind.

Gewahrsamkeit für den Körper

Mit einer änderung der Körperaufmerksamkeit ist es möglich, das Tinnitus-Erleben zu beeinflussen. Nach jahrelanger übung habe ich gelernt, "meinen Tinnitus" mit dem rechten und dem linken Zeh zu verändern. An diesen Wahrnehmungsprozessen kann man gut bei Tai Chi und Feldenkrais - übungen arbeiten. Gelingt es, zu einem neuen, über das Tinnituserleben hinausgehende Körpergefühl zu begleiten, so ergeben sie neue Gestaltungsmöglichkeiten - nicht nur für den Tinnitus.

Schlafrituale

Schlafprobleme sind ein häufiges Problem bei Tinnitus. Wenn der Tinnitus die alleinigen Quelle der Schlaflosigkeit ist, können hier oft schon einfache Mittel helfen, den Tinnitus ausreichend zu überdecken. Dabei sind kleine Wasserbrunnen ebenso geeignet wie leise Musik etwa von einer CD.
Führt dies nicht zu Erfolg, so sind als Einstieg in eine verbesserte Schlafqualität die in der Klinik erarbeiten Schlafrituale, hilfreich.
Ungünstig sind auf jeden Fall länger dauernde Versuche mit Schlaftabletten, da diese nur den Schlaf der Menschen betäuben und letztendlich eine grosse Suchtgefahr beinhalten. Hier ist auf jeden Fall eine fachärztliche Konsultation und bei entsprechender medizinisch-psychologischen ggf. der Einsatz von sogenannten "Neuroleptika" und "Antidepressiva" allemal sinnvoller, als sich mit Alkohol und Schlaftabletten in die Betäubung und um den Schlaf zu bringen.

Hörgeräte

Schwerhörigkeit ist oft ein deutlicher Bestandteil des Tinnitusleidens und oft auch deren direkte Ursache. Tinnitus wird bei Schwerhörigen vermehrt wahrgenommen, da die überdeckenden Aussengeräusche fehlen. Deswegen kann bei schwerhörigen Menschen mit Tinnitus-Leiden ein Hörgerät oft Wunder bewirken, nicht nur im Ausgleich des Hörvermögens, sondern auch bei der Tinnitus-Habituation (Gewöhnung).
Ein Hörgerät entlastet und man muss sich nicht mehr so stark konzentrieren, um etwa Unterhaltungen folgen zu können, was andernfalls ebenfalls den Tinnitus laut erscheinen lassen kann. Ein eventuell vorhandenes Grundrauschen im Hörgerät fördert die Gewöhnung (Habituation), da es die Hörrinde an ein ständig ankommendes, aber völlig bedeutungsloses Geräusch gewöhnen kann.
Aber ein Hörgerät muss individuell und kompetent angepasst und der Gebrauch und Umgang damit geübt werden. Dies kann schon einmal einige Wochen Gewöhnung unter Anleitung des Akustikers und des Arztes oder - wenn nötig auch stationär - ein spezielles Hör- und Geräuschtraining in Anspruch nehmen.

Rauschgeräte

Bei Patienten, die weitgehend normal hören können sog. Rauscher / Rauschgeneratoren / "Noiser" eine wertvolle Hilfe sein. Sie werden im Prinzip wie Hörgeräte getragen und geben kontinuierlich ein "weisses", möglichst breitbandiges Rauschen ab, das in der Lautstärke deutlich unterhalb der Intensität des Tinnitus liegen sollte!
Dies ist anders als beim Masker, der den Tinnitus übertönen, maskieren soll. Dabei lernt die Hörverarbeitung nicht.
Nur wenn das unbedeutende Geräusch den Tinnitus nicht verdeckt, können Lernprozesse greifen. Das breitbandige Rauschen vergrössert nämlich als an sich unbedeutende Hintergrundinformation das akustische Angebot. Dies geschieht schon in sogenannten Hirnzentren weit unterhalb der bewussten Wahrnehmung. Die mittlere Aktivität der Nervenbahnen im Hörsystem wird erhöht und erschwert dadurch die Erkennung des Tinnitussignals. Die Gewöhnung (Habituation) wird dadurch gefördert.

Aber Achtung: Auch der Rauscher allein ist nicht schon die Therapie, sondern er ist lediglich ein Hilfsgerät!
Dies ist theoretisch auch durch Umweltgeräusche ersetzbar ist. Allerdings ist das Tragen eines kleinen Gerätes wesentlich einfacher und auch direkter. Es fordert aber auch wieder die feste Bereitschaft des Patienten zur aktiven Mitarbeit, da das Rauschgerät 6 - 8 Stunden am Tag getragen werden muss.

Der Tinnitus kann aber auch das erste, für den Patienten hörbare! Zeichen einer seelischen Not oder Krise sein !!!

Dann zeigt er oft die seelische Angst und oder wird zum ersten körperlich empfundenen Zeichen einer möglichen Bedrohung des seelischen Gleichgewichtes. Dies kann etwa zu Depressionen mit Tinnitus führen.
Wenn der Tinnitus derart in einer krisenhaften Situation im in die Wahrnehmung gerückt ist, vermuten wir als Ursache der verstärkten Tinnitus - Wahrnehmung eine Schwächung der Hörfilter.
Aber auch bei denen, die ganz objektiv durch eine Lärmbelastung oder einen Infekt zu ihrem Tinnitus gekommen sind, entscheiden die bis-her erlangten persönlichen Möglichkeiten, ob der Tinnitus zum Leiden oder zu einem wie immer gearteten, aber nicht bedrohlichen Tinnitus-Erleben wird.
In beiden Fällen kann ein Kreislauf mit sich verstärkenden Elementen entstehen, die Energien und Ressourcen des Gesamtorganismus benötigen und verbrauchen!

Psychotherapeutische Hilfe

Professionelle psychotherapeutische Hilfe ist sinnvoll, wenn die Lebens- und Berufsfähigkeit gefährdet.
Dabei heisst Psychotherapie nicht, dass man nun jahrelang auf die Couch muss, sondern es kann problemzentriert und kurzfristig ein therapeutisches Vorgehen angestrebt werden, was das akute Problem angeht. Dabei kann es z. B. im Sinne der bisher genannten Schritte darum gehen, sich auch mit bisher nicht wahrgenommenen Anteile des Tinnitusgeschehen vertraut zu machen, um auf der Grundlage an den Auswirkungen des Tinnitus auf die eigene Befindlichkeit zu arbeiten.
Angerissen seien zwei typische Beispiele:

1. Der Tinnitus trifft auf einen bisher körperlich und seelisch gesunden Menschen
    und dies führt zu Anpassungsstörungen im Sinne von Nervosität, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und einer daraus sich ergebenden depressiven Entwicklung.
Hierbei reicht es oft, sich auf die Folgen des Tinnitus zu konzentrieren und für den Patienten ungünstige Verhaltensmuster so zu bearbeiten, dass Leben möglich ist, wie es auch ohne Tinnitus denkbar wäre.

2. Der Tinnitus stellt sich in einer krisenhaften Situation ein, und wird dann - oft fälschlich - als Ursache des Problems angenommen.
    Wenn es so ist, dass vielleicht nicht von innen, aber von aussen, sichtbar, das Problem den Tinnitus hervorgebracht hat und nicht umgekehrt, ist oft ein längerer psychotherapeutischer Prozess nötig. Dies ist aber auch sinnvoll, um die Gründe für das Leiden am Tinnitus auf anderer Ebene anzugehen, als sie vielleicht im eigenen Erleben erst einmal erscheinen.

Dabei hat Psychotherapie die Funktion des einfühlenden Blickes von aussen sowie den Aufbau einer tragfähigen "Arbeitsbeziehung", die auch da alte und schwierige Probleme angemessen im Interesse des betroffenen bearbeiten kann.   Dies kann dem in körperlich und seelischen Probleme Verwickelten helfen, Dinge nachspürbar zu erkennen, die zwar meistens da sind, aber nicht wahrgenommen werden können.

Speziell bei neuen Fragestellungen, etwa der Tinnitus Verarbeitung, laufen vor allem die bisher für die Betroffenen bewährten, und daher unbewusste Wertesysteme in Gefahr, nicht mehr so günstige Antorten zu geben. Dies ist meist der Anlass und die Notwendigkeit, Einstellungen und Handlungen zu überdenken und ggf. zu ändern.   So kann schon die Arbeit mit dem ABC der Hörwahrnehmung und das Aufzeigen nachvollziehbarer Wirkfaktoren in einem für den Patienten stimmigen Bedingungsmodell Angst vermindernde Effekte haben.

Dabei gilt es, mit Hilfe ganz real zu machender Erfahrungen im Aussen (etwa beim Hör- und Geräuschttherapie, der Klangtherapie, im Körpererleben) Befürchtungen nacherlebbar auszuräumen.

Nicht selten zeigt sich aber auch, dass hinter dem Tinnitus Leiden weiter gehende Probleme verborgen sein können. Dies gilt für ernsthafte depressive Verstimmungen ebenso wie für massive Konflikte etwa familiärer Art oder am Arbeitsplatz. Diese verhindern dann eine Lösung der an den Tinnitus geknüpften Probleme.

Eine stationäre Therapie des Tinnitus Leiden mit den Möglichkeiten einer neurootologischen und psychosomatischen Fachklinik   kann notwendig werden,  
wenn die ambulanten Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind   und sich das Krankheitsgeschehen zunehmend verschlechtert.

Der Vorteil einer stationären Behandlung ergibt sich aus der auf einander abgestimmten Zusammenarbeit der verschiedenen Therapeuten.   Hier kommen - im Idealfall - fachkundige ärzte, Psychotherapeuten, Hör- und Bewegungstherapeuten zusammen und arbeiten gemeinsam - mit Ihnen - an dem Problem, statt nebeneinander her.

Chancen eröffnen und offen halten

Die Meisten, die den Weg nach Bad Arolsen finden, haben schon viele Versuche unternommen, den Tinnitus loszuwerden oder mit ihm fertig zu werden. Bei vielen von ihnen haben sich Schwierigkeiten, beruflich und privat, eingestellt, die ihre Lebenssituation in Frage stellen. Diese Frage greifen wir, als ausgesprochenen oder noch auszusprechenden Auftrag an unsere psychosomatisch orientierte Behandlung auf.
Als unsere Aufgabe sehen wir es an, die Struktur dafür zu bieten, die einzelnen Puzzelteilchen mit den Tinnitus-Betroffenen zusammenzusetzen und die verschiedenen Diagnosen in einem Gesamtbild zu ordnen.
Aufgabe unserer Patienten ist, daraus erkennbare und nachvollziehbare Handlungsmöglichkeiten aufzunehmen und neue Schritte zu versuchen.
Offen ist die Chance, nicht nur ursächlich in das Tinnitusgeschehen einzugreifen, sondern über einen ersten Schritt aus der Ohnmacht hinaus in einen Lebensweg zu kommen,
in dem wieder Gestaltung und eine neue Lebensqualität möglich ist.


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1.10.2020